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  • AutorenbildHelmut Geiselhart

Wir brauchen andere Menschen in Spitzenpositionen

Täglich gibt es neue schlechte Nachrichten über Top-Manager. Wie kommt es dazu, dass diese Menschen oft große Fehler begehen? Es ist meistens eine bestimmter Typ Mensch, der in Spitzenpositionen gelangt - aber nicht dafür geeignet ist.



Oft sind es narzisstische Menschen, die in Spitzenpositionen gelangen. Es sind Menschen, die nach solchen höchsten Führungspositionen streben. Wenn sie Intelligenz mit Charme verbinden, dann geht von ihnen eine Faszination aus, der es schwer ist, sich zu widersetzen.

Diese Menschen leiden an einem schwachen Selbstwertgefühl. Deshalb brauchen sie Anerkennung von außen; von der Bestätigung durch andere sind sie abhängig. Bei Entscheidungen geht es ihnen weniger um die Sache. Sie wollen gut dastehen, von anderen gelobt werden. Kritik können sie nicht ertragen. Sie halten ja ohnehin nicht viel von sich.

Wir alle haben narzisstische Bestrebungen. Es ist jedoch das Ausmaß, das den Unterschied macht: die Gier nach Zuwendung, das Bedürfnis nach Anerkennung, die depressive Grundstimmung. Für Führungsaufgaben sind diese narzisstischen Menschen zu abhängig und zu unfrei.


Eine typische Situation dieses Manager-Typs ist, dass er beim mehrstündigen Kennenlerngespräch mit seinen wichtigsten Mitarbeitern nur selber spricht, ohne Pause, ohne Fragen zu stellen. Er zeigt kein Interesse am Gegenüber.


Am Ende bedankt er sich für das gute Gespräch.


Zwanghaftes Verhalten


Hier handelt es sich um Menschen, die gut organisiert sind, logisch zwingend argumentieren und alles im Griff haben wollen. Etwas Unvorhergesehenes darf nicht passieren, nichts darf ihnen entgleiten.


Dieses Kontrollbedürfnis entsteht bei Menschen, die viel verdrängen mussten. Ohne die Verdrängung drohte ihnen der Verlust der wohlwollenden Zuwendung.


Für Führungsaufgaben sind sie eigentlich nicht geeignet. Ihr innerer Gestaltungsspielraum ist zu eng. Bei Entscheidungen sind sie wenig kreativ, ziemlich aufgeregt und ängstlich. Dazu kommt eine permanente schlechte Laune.


Sie tragen strenge Regeln mit sich herum, sind von Vorwürfen und Schuldgefühlen geplagt. Erfolge halten sie für normal, kleine Missgeschicke nehmen sie sich übel. Diese Überichmenschen müssen viel verdrängen von dem, was in ihnen vorgeht, und dazu brauchen sie viel Kraft.


Das Verdrängte wird „im Schatten der Neuronen“ abgelegt. Damit ist es aber nicht weg, sondern legt sich über Entscheidungen und Handlungen. Es führt zu Fehlleistungen, destruktiven Handlungen und unverständlichen Maßnahmen.

Immer seltener tauchen Gefühle und Fantasien auf. Schließlich werden diese Menschen einfallslos. Sie kennen nur noch Fakten. Ihr geistiges Leben verarmt.


Arbeit an sich leisten


Die Voraussetzung dafür, dass Menschen sich ändern können, ist, dass sie bereit sind, sich kritisieren zu lassen. Nur Kritik führt dazu, dass wir „eine Arbeit an uns selber leisten“, dass wir weiterlernen und uns verbessern. Viele folgen jedoch dem Muster, stattdessen Kritik abzuwehren, sich zu rechtfertigen und nur auf die zu hören, die „nach dem Mund reden“.


Wir brauchen auch einen Menschen unseres Vertrauens, bei dem wir uns selber kritisch zur Sprache bringen können und der sich dazu kritisch äußern kann, jemanden, dessen Wohlwollen wir uns sicher sind. In der Realität ist es jedoch selten, dass Führungskräfte in hohen Positionen kritisiert werden. Vielmehr werden Tabuthemen vermieden. Selbsterkenntnis und Lernen finden nicht mehr statt.


Dabei gibt es wirkungsvolle Instrumente, die zur Verfügung stehen: Jahresgespräche, Metakommunikation, Ich-Botschaften, Coaching-Gespräche und vieles andere.

Täglich kommen neue schlechte Nachrichten über Top-Manager: Es geht um Hausdurchsuchungen, Verdächtigungen, Vorladungen zum Minister. Wenn wir die Zukunft bestehen wollen, dann brauchen wir andere Menschen in Spitzenpositionen.

Die anstehenden Umbrüche erfordern Menschen, die über ihre innere Kraft verfügen und Ungewöhnliches zustande bringen, wie Bill Clinton, der in aussichtsloser Position gegen Bush angetreten ist, und Emmanuel Macron, der als unbekannter Fachminister das ganze französische Parteienwesen erschüttert hat.


Der Autor ist Gründer seines eigenen Instituts „Geiselhart Seminare" und BILANZ-Kolumnist.

Dieser Artikel wurde ursprünglich am 02.07.18 auf Bilanz veröffentlicht.

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